Der Natur ganz nah: der Celtic Choir steht im Regen
Auf das Konzert am Langen Tag der Stadtnatur hatten wir uns intensiv vorbereitet, neue Stücke einstudiert und unseren Freund Johnny dafür gewonnen, uns mit seinem meisterhaften Gitarrenspiel zu begleiten.
Doch während der Generalprobe schlichen sich leise Zweifel ein. Würden genügend Zuschauer den Weg in das weite Rund der Freilichtbühne Rehberge finden? Würde unser Gesang auch in den hinteren Reihen noch zu hören sein? Würde der Funke überspringen, wie es für Mitsingkonzerte so wichtig ist?
Als der große Tag gekommen war, waren unsere sorgenvollen Blicke jedoch gen Himmel gerichtet, denn graue Gewitterwolken zogen auf. Kurz vor Konzertbeginn geschah es: Ein Wolkenbruch zwang uns zur Flucht in einen Holzschuppen hinter der Bühne, der zwar nicht sehr komfortabel, dafür aber einigermaßen trocken war. Sänger und Zuschauer hofften gemeinsam auf einen schnellen Wetterumschwung. Doch das Unwetter machte eine Rückkehr auf die nicht überdachte Bühne unmöglich. Das Konzert drohte buchstäblich ins Wasser zu fallen.
Nach dem ersten großen Schrecken beschlossen wir, das Publikum nicht einfach im Regen stehen zu lassen, sondern ein wenig zu improvisieren und unser Programm an Ort und Stelle zu präsentieren. Mit etwas Verspätung konnte das Konzert schließlich doch noch beginnen. Chor und Publikum standen dicht gedrängt zwischen Holzstößen und Werkzeugkisten, was zur besonderen Atmosphäre dieses außergewöhnlichen Konzertes beitragen sollte.
Das Prasseln des Regens auf dem Schuppendach, das dumpfe Donnergrollen, das unseren Gesang stimmungsvoll untermalte, das Bächlein, das sich seinen Weg an Sängern und Zuhörern vorbei durch die Mitte des Raumes bahnte – all dies vermittelte dem Anlass entsprechend das gute Gefühl, der Natur ganz nah zu sein. Die dudelsackähnlichen Klänge des "Wild Mountain Thyme" entführten uns endgültig in die schottischen Highlands. Mit fröhlich-melancholischen Shantygesängen trotzten wir den Launen der Natur, und Susans leidenschaftliche Hommage an ihre irische Heimat ("The Cliffs of Dooneen") ließ die saftigen Wiesen und Felder der grünen Insel vor unseren Augen erscheinen.
Auch die Zuschauer ließen sich vom Zusammenspiel von Musik und Natur mitreißen und stimmten lauthals ein, als gelte es, in den Wettstreit mit den Naturgewalten zu treten und die wiederkehrenden Donnerschläge zu übertönen. So wurde der Nachmittag für das Publikum und unseren Chor zu einem besonderen Gemeinschaftserlebnis. Für uns bleibt es ein unvergessliches Konzert, auf das wir noch lange gerne zurückblicken werden. Ganz im Sinne keltischer Erzähltradition – eine Geschichte über Gemeinschaft, Musik und das Leben in und mit der Natur.