CELTIC CHOIR
sing along with us!

Singen für die Kunst im Wedding

Plötzlich ist es November und wir haben kein Weihnachtskonzert!

. . . Tage später bemerke ich auf meinem abendlichen Weg vom Atelier nach Hause eine neue Galerie im Wedding in der Malplaquetstraße: „5th people project". Neugierig trete ich ein und schau mich um. Die japanische Galeristin Yasuko Fujioka beginnt mit mir ein Gespräch und gibt mir zum Abschied eine Einladung mit: Art/Design Flea Market am 3. und 4. Advent. Eine Ausstellungmöglichkeit, die für mich praktisch auf dem Weg liegt, an der ich natürlich mit meinen nachhaltigen Kunst- und Designobjekten teilnehmen werde.

Und während ich so über meine Präsentation nachdenke, sehe ich plötzlich eine Möglichkeit, unseren Wunsch nach einem Weihnachtskonzert und meine Idee "Nachhaltiges Ansingen – mit unserem Gesang klimaneutral die Aufmerksamkeit auf etwas Bemerkenswertes zu lenken", zu realisieren: Der Celtic Choir singt auf dem Art/Design Flea Market.

Die Galeristin ist von der Idee ebenso begeistert wie Lizzy, unsere Chorleiterin. Eingedenk der zu erwartenden winterlichen Temperaturen ist schnell ein Plan entwickelt: Zwei halbstündige Auftritte am 4. Advent und dazwischen eine große Pause für unseren Weihnachtsbrunch. Voller Vorfreude proben wir in den nächsten Wochen eine weihnachtliche Auswahl unsere Lieder.

Am 3. Advent stelle ich beim Kunst- und Design-Weihnachtsmarkt in der 5th people project galerie meine Weihnachtsdekoration aus nachwachsenden Rohstoffen und einige kleinere Objekte aus. An insgesamt zwölf Tischen wird buntes, witziges und nachhaltiges Kreativwerk von den Urhebern selbst angeboten. Die Stimmung ist adventlich entspannt. Im Kamin lodert ein schönes Feuer, verbreitet wohlige Wärme und einen heimeligen Schein. Zur Kaffeezeit gibt es Kuchen und Live-Musik.

Auf unserer letzten Chorprobe vor dem Konzert berichte ich von meinen Eindrücken. Wo werden wir singen? In der Galerie wird es zu eng sein. Auf der Straße!? Was machen wir, wenn es regnet?

Diese Frage trifft mich nach dem von mir organisierten Konzert in der Freilichtbühne Rehberge anlässlich des Langen Tages der Stadtnatur ins Mark! Nicht schon wieder ein Konzert, das im Regen steht! Also schaue ich mir die Umgebung der Galerie hinsichtlich Regenschutz genauer an. Es gibt mehrere Möglichkeiten und wenn es ganz heftig kommt, können wir auch in der Galerie singen. Was natürlich nicht so ganz Sinn der Sache wäre, da wir mit unserem Gesang ja gerade Passanten und Anwohner auf die Aktivitäten in der Galerie aufmerksam machen wollen. . .

Am 4. Advent baue ich ab 11 Uhr meinen Stand auf. Kurz vor 13 Uhr sind alle Chormitglieder, die heute mitsingen, da. Und – trara – es setzt leichter Sprühregen ein! Die drei Gitarrenspieler bauen ihre Notenständer unter dem schutzbietendem Erker auf und stimmen sich ein. Auch meine Tin Whistle muss sich an die frischen Temperaturen gewöhnen. Der Chor stellt sich zweireihig im weiten Rund auf. Die ersten Zuhörer platzieren sich uns gegenüber und schauen schon ganz erwartungsvoll. Wir starten unverzagt in unsere erste Halbzeit. Von Lied zu Lied blicken wir in immer fröhlichere Gesichter. Und die Zahl unsere Zuhörer nimmt zu. Auf der anderen Straßenseite öffnet eine ältere Frau in bunter Kittelschürze ihr Fenster und schaut mit ihren zwei Enkeln erstaunt herüber. Dann schließt sie das Fenster, schade denke ich so gerade bei mir, da öffnet sich die Haustür und die kleine Familie steht warm angezogen und windgeschützt im Hauseingang und lauscht schmunzelnd unserem weihnachtlichen Gesang.

Ein paar Meter links davon lehnt plötzlich ein leicht verkatert wirkender Mann wie beiläufig an der Hauswand und studiert, eine Zigarette lässig im Mundwinkel, starren Blickes seine Sonntagszeitung. Sehe wie sein rechtes Ohr sich uns direkt zuwendet und spüre, dass da jemand voll auf Empfang geschaltet hat. Sich dabei aber bitte nichts anmerken lassen will. Nur nicht direkt anschauen, die vorweihnachtliche Erscheinung könnte ja verschwinden . . .

Für die zweitausendundelf Jahre alte Frage, welch Kind das wohl ist, habe ich meine Tin Whistle schon mal angewärmt und spiele ein kleines Flötenintro vor, zwischen und nach den Strophen. Bei der Kälte eine nicht ganz einfache Übung. Die nächsten Lieder dürfen unsere Zuschauer mitsingen, was den Spaß für uns alle mächtig erhöht. Dann geht es in die wohlverdiente Pause. Die aufgeklappten Notenständer finden auf meinem Stand Platz. Wünsche allen guten Appetit und freue mich auf einen Irish Coffee mit Kuchen. Als ich nach einer Stunde fast die Hoffnung aufgegeben habe, wird mein kleiner Wunsch mir doch noch erfüllt.

Während der Pause sind viele Besucher in der Galerie. Zunächst die Zuhörer der ersten Halbzeit und dann begrüße ich auch einige Freunde und Bekannte, die erst den Basar anschauen, das eine oder andere Weihnachtsgeschenk kaufen und dann unserem zweiten Teil lauschen.

Frisch gestärkt kommen sie alle vom Weihnachtsbrunch, holen die Notenständer und auf geht's zum zweiten Teil. Es nieselt nicht mehr. Ein neuer größerer Zuschauerkreis wartet gespannt. Wieder schallen unsere Stimmen fröhlich in die Runde und bringen so einige zum Mitschwingen und Mitsingen. Weihnachten kann kommen!

Nach dem Konzert herrscht drangvolle Enge in der Galerie und die Zeit bis zum Veranstaltungsende vergeht wie im Fluge. Yasuko Fujioka bedankt sich strahlend für das schöne Konzert. Sie hat viele Fotos gemacht, die sie später auch ins Netz stellen wird.

Zum Ausklang gibt es noch etwas Live-Musik am Kamin in der Galerie und dann ist diese weihnachtliche Kunst-Aktion Geschichte.